Kriterien & Beispiele


Alle eingereichten Werbemotive werden von uns auf Grundlage unserer unten erläuterten Kriterien geprüft und anschließend als sexistisch, nicht-sexistisch oder stereotyp eingeordnet. Was diese Begriffe für uns bedeuten und welche Kriterien uns bei der Kategorisierung zugrunde liegen, erklären wir hier.

Sexistisch

Ganz klar sexistisch sind Werbemotive, die die Darstellung stark sexualisierter Frauen als reinen Blickfang ohne Produktbezug benutzen. Auch Werbung, die Frauen als käuflich darstellt (also auch Werbung für Sexarbeit, in der eine Frau nicht als Dienstleisterin, sondern als Objekt dargestellt wird), ist sexistisch. Hierfür beziehen wir uns auf zwei Quellen: Die prämierte Doktorarbeit von Berit Völzmann zu geschlechtsdiskriminierender Wirtschaftswerbung, die juristische Grenzen für Sexismus in der Werbung festlegt, sowie die Kriterien des Deutschen Werberats.

Werbung, die wir als sexistisch kategorisieren, fällt unter eines der folgenden Kriterien:

1. Geschlechtsbezogenes Über-/Unterordnungsverhältnis

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2. Ausschließliche Zuordnung von Eigenschaften, Fähigkeiten und sozialen Rollen in Familie und Beruf aufgrund von Geschlecht

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3. Sexuelle Anziehung als ausschließlicher Wert von Frauen

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4. Suggestion von sexueller Verfügbarkeit

Das am häufigsten vorkommende Kriterium 4 bringt unser 2016 selbst entworfenes Plakat, das vielfach für Schul- und Bildungsmaterialien angefragt wird, auf den Punkt: "Manche Frauen lieben es, Dessous zu tragen. Keine Frau liebt es, nur die Deko zu sein."

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Sexismus kann also auch ganz ohne das zeigen von Haut auskommen:

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Mehr Beispiele zu sexistischer Werbung findest du in unserem Blog, zum Beispiel diesem Blogartikel zum kalkulierten Tabubruch.

Stereotyp

Nach der Grundlagenarbeit von Dr. Berit Völzmann sind zwei Kategorien sexistischer Werbung zu unterscheiden: Die erste wäre nach dieser Norm juristisch anfechtbar, die zweite nicht. Der Unterscheidbarkeit halber nennen wir die zweite Kategorie „stereotyp“. Diese Kategorie wird von Beschwerdeführenden als diskriminierend empfunden und ist Ausdruck sexistischer gesellschaftlicher Strukturen. Zum Beispiel stellt die Modeindustrie ihre Modelle für Frauen seit Jahrzehnten an Größe 34-36 vor. Das zeigt ein stark limitierendes Bild von Schönheit. Hier eine gesetzliche Regulierung zu fordern, dass eine einzelne Bikini-Anzeige eine Frau in Größe 42 präsentieren muss, wenn die letzten drei Anzeigen schmalere Frauen zeigten, wäre nicht mit dem UWG vereinbar. Die Erwähnung digitaler Bearbeitung finden wir nicht abschreckend genug. Unser Kriterium „stereotyp“ kann aber darstellen, wie viele Firmen und Kampagnen mit einem hoch limitierten Geschlechterrollenbild werben. Stereotyp ist ebenso, wenn Kinderspielzeugfirmen nur Mädchen zur Verschönerung und Jungen zum Bauen einladen.
Einer einzelnen Firma vorzuschreiben, diversere Körper- und Rollenbilder zu zeigen, ist nicht möglich. Aber mit der Werbemelder*in kann abgebildet werden, welche Monokultur auf den Plakatwänden herrscht. So können wir Öffentlichkeit für das Thema generieren und uns dafür stark machen, dass sich etwas ändert.

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Die stereotypen Einreichungen kategorisieren wir nach den folgenden Kriterien:

5. Normschöne stereotype Darstellungsweisen

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6. Stereotype Zuordnung von Eigenschaften, Fähigkeiten und sozialen Rollen aufgrund von Geschlecht

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7. Stereotype Zuordnung von Gegenständen oder Farben aufgrund von Geschlecht

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Grauzone

Sexismus bedeutet Diskriminierung aufgrund von Geschlecht. In der gesellschaftlichen Debatte wird dieser Begriff leider immer noch sehr missverständlich eingesetzt, um gegen Nacktheit, Sexyness oder auch stereotype Darstellungsweisen zu argumentieren. Um uns klar davon abzugrenzen, haben wir uns auf vier Kriterien festgelegt, die Sexismus definieren. Wir fassen den Begriff damit bewusst eng, um nicht dem Vorwurf Munition zu liefern, Sexismus sei immer nur eine Frage des persönlichen Geschmacks. Das hat allerdings zur Folge, dass es immer wieder Motive gibt, die fragwürdig, sehr nackt oder einfach nur geschmacklos sind - aber nach unseren Kriterien nicht eindeutig sexistisch. Diese Einreichungen kommen in die Kategorie „Grauzone“.



Nicht sexistische und abgelehnte Einreichungen

Werbung, die keine Wirtschaftswerbung ist, könnte mit einer Gesetzesnorm im UWG nicht belangt werden, fällt daher nicht in unsere Studie und muss leider aussortiert werden. Beschwerden, bei denen der Ort fehlt oder die Firma dahinter nicht zu ermitteln ist, müssen wir ebenfalls ablehnen. Werbung, die nach unseren Kriterien nicht sexistisch oder stereotyp ist, kommt in die Kategorie „nicht sexistisch“. Es kommt vor, dass Motive unseren Kriterien zu den Kategorien "sexistisch" oder "stereotyp" nicht eindeutig erfüllen. Diese Anzeigen kommen in die Kategorie „Grauzone“, siehe oben.

Manche Einreichungen diskriminieren niemanden, werden jedoch als geschmacklos empfunden. So empörte die „True Fruits“- Chia-Samen-Kampagne 2016 mit anzüglichen Sprüchen („Bei Samenstau schütteln“) die deutsche Öffentlichkeit. Tatsächlich wurde dabei aber nicht diskriminiert, weil kein*e Adressat*in definiert ist.

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Ein wichtiger Leitsatz in diesem Kontext ist „Sexualisierung ist nicht per se sexistisch“. Dass sexy nicht immer sexistisch sein muss und unser Feminismus nicht gegen Sex, Lust oder Nacktheit kämpft, haben wir schon in zahlreichen Blogeinträgen deutlich gemacht. Es geht uns darum, Abwertung und Diskriminierung aufgrund von Geschlecht abzuschaffen, nicht um die Tabuisierung von Sex. Darstellungen von Nacktheit oder Sexiness sind, solange sie nicht strukturell sexistisch sind und/oder diskriminierende Stereotype reproduzieren, nicht das Problem.

Auch das Zeigen von Haut ist natürlich nicht per se sexistisch, denn natürlich dürfen z.B. Dessous oder Bademoden an nackter Haut beworben werden und Menschen in der Werbung modisch gekleidet sein (z.B. jugendliche Club Mode für Bierwerbung).

Sexismus gegen Männer

Eine Frage wird uns im Umgang mit der Werbemelder*in immer wieder gestellt – und zwar die nach Männern: Warum gelten diese Kriterien nur für Frauen? Was ist mit dem Davidoff-Mann und anderen halbnackten Männern? Gibt es nicht auch Sexismus gegen Männer? Auch Männer erfahren Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts in der Werbung. Dieser Sexismus gegen Männer ist jedoch anders gelagert als der gegen Frauen. Während Frauen meist durch Objektifizierung und Suggestion sexueller Verfügbarkeit in ihrem stets verfügbaren, sorgenden und lieblichen Geschlechtsrollenstereotyp bestätigt werden, werden Männer als inkompetente Väter und ewig erregte, emotionale „Volltrottel“ herabgewertet. Beides sind schädliche Stereotype, wenn wir eine gleichberechtigte Gesellschaft auf Augenhöhe anstreben. Deshalb begrüßen wir, dass auch der Deutsche Werberat den Spot von EDEKA zum Muttertag 2019 als sexistisch einstufte. Hier wurden Männer als komplette Haushaltsversager dargestellt, was tatsächlicher Diskriminierung im Berufsleben (z.B. die Schwierigkeit, Elternzeit gewährt zu bekommen) oder der häufig erfahrenen Abwertung, als gefühlvoller und sorgender Vater „kein richtiger Mann“ zu sein, zuspielt. Eher selten werden auch Männer sexualisiert dargestellt, erfüllen damit aber in keinem uns bekanntem Fall eine diskriminierende Darstellung. Sicher mag ein Mann oder eine Frau ein Bild persönlich als abwertend empfinden und sich individuell diskriminiert fühlen. Aus dem Grundgesetz kann aber eine juristische Definition von Diskriminierung definiert werden, die einem individuellen Empfinden manchmal entgegensteht. Die Stärke der Doktorarbeit von Frau Dr. Völzmann besteht darin, diese juristische Definition von Diskriminierung aufgrund von Geschlecht herzuleiten. Werbeinhalte werten wir somit als diskriminierend, wenn sie in der Gesellschaft aktuell vorliegende, strukturelle Ungleichheiten bestätigen.

Dass Sexismus kategorisch nicht einfach umgedreht werden kann, lässt sich auch am am Kriterium „Geschlechtsbezogenes Über-/Unterordnungsverhältnis“ zeigen. Die Firma Suit Supply hat sich beispielsweise einen Namen mit sexistischer Werbung gemacht, die nicht nur sexuelle Verfügbarkeit suggeriert, sondern auch ein Machtgefälle abbildet.

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Mittlerweile bemühen sich die Verantwortlichen, diese Bildsprache umzukehren.

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Auch auf diesem uns häufig eingereichten Motiv fehlt der Bezug zu struktureller Diskriminierung innerhalb der Gesellschaft, weil Männer gesellschaftspolitisch nicht weiblicher Macht unterliegen und schwarze Frauen nach wie vor mehr Diskriminierung erfahren als weiße Männer. Es zeigt somit ein erotisches „Spiel“ als Zitat umgedrehter Machtverhältnisse, die unsere Gesellschaft nicht spiegelt. Als Prüffrage gilt hier: Wer wird in der realen Welt im Job eher sexuell belästigt, erfährt eher sexualisierte Gewalt oder bekommt den besser bezahlten Job?

Bleibt als Kriterium noch „Ausschließliche Zuordnung von Eigenschaften, Fähigkeiten und soziale Rollen in Familie und Beruf aufgrund von Geschlecht“. Wie oben bereits erwähnt, lässt sich darüber tatsächlich Sexismus gegen Männer identifizieren. Wenn Männer qua Geschlecht als komplett unfähig in allen Belangen des Haushalts definiert werden, wenn sie als Gefühle nur Durst kennen dürfen und als so triebgesteuert dargestellt werden, dass sogar ein Tor für eine Erektion sorgen kann, dann werden Männer aufgrund von ihrem Geschlecht diskriminiert.

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Und zwar nicht in der berüchtigten „Aber es gibt ja auch umgedrehten Sexismus“ Art und Weise, sondern ganz spezifisch auf ihr Geschlecht zugeschnitten.

Sexismus gegen Männer gibt es also. Auch in der Werbemelder*in. Und wie bei allen Einreichungen wird sehr genau überprüft, ob die Kriterien dafür hinreichend erfüllt sind.

Sobald Werbung aber diskriminiert und abwertet, ist sie ein Fall für die Werbemelder*in. Reich sie jetzt bei uns ein. Wir prüfen sie und melden uns dann bei dir zurück. Lass uns gemeinsam eine starke Community gegen Sexismus in der Werbung bilden!

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